1988 Kiss Me, Kate

Längst sind Lilli Vanessi und Fred Graham geschieden, noch immer aber fliegen zwischen ihnen die Fetzen. Und nun stehen sie auch noch zusammen auf der Bühne – in einem Stück, das politisch höchst inkorrekt Geschlechterkampf verhandelt: Shakespeares »Der Widerspenstigen Zähmung«, in dem Petruchio die kämpferische Katharina rabiat zur gefügigen Ehefrau zurechtstutzt. In diesen Rollen setzen Lilli und Fred ihre Beziehungsgefechte nun auf der Bühne fort; und als auch noch zwei Gangster und Lillis Verlobter auftauchen, wirbeln Theaterspiel und Wirklichkeit vollends durcheinander.
»Schlag nach bei Shakespeare«: Dem Rat der Gangster folgten als erstes die Autoren selbst. In einer »Realhandlung« gespiegelt, verdrehen sie mit frechem Humor und rasanter Musik das 400 Jahre alte Schauspiel, bis es aus den Angeln fliegt.
Wie die schwelende Liebesbeziehung zwischen der widerspenstige Lilli/Kate und ihrem raubeinigen Fred/Petrucchio am Ende ausgeht, amüsiert das Musicalpublikum schon seit der New Yorker Uraufführung von „Kiss me, Kate“ 1948.

Fotos

Presse

Frischer Schwung für einen Broadway-Klassiker [...] Als die beiden Ganoven gegen Ende der Aufführung „Brush Up Your Shakespeare“ sangen, klatschte das Publikum in der Aula der Goetheschule in Wetzlar rhythmisch mit und stimmte in den Refrain ein. Mit Cole Porters „Kiss me Kate“ hatte die Musicalgruppe der Schule einen Klassiker des amerikanischen Broadway-Theaters ausgewählt, der bei der Premiere für ein ausverkauftes Haus sorgte. Mehr als 500 Zuschauer drängten sich in der Aula; diejenigen, die zu spät gekommen waren, mufften auf die zweite Aufführung vertröstet werden. [...] Feinfühlig steigerte Peter Marschall das Tempo der walzenden Dreivierteltakte des Komponisten langsam und im Einklang mit den Möglichkeiten der Darsteller. Mit der Verständlichkeit des Textes in den Sprechpassagen haperte es zu Beginn etwas. Auch dies eine Unsicherheit, die mit der steigenden Welle an Zustimmung, die die Leistung des Ensembles erfuhr, überwunden wurde. Die musikalische Leitung Marschalls sorgte dafür, daß die Darsteller von der siebenköpfigen Band und dem Vokalensemble hervorragend unterstützt wurden. Regisseur Peter Merck diente darüber hinaus in der Rolle des Harrison Howell als bühnenerfahrener Komödiant, der einen großen Lacherfolg verbuchte. Claudia Thielemann als Bianca war eine Darstellerin und Sängerin, die mit ihrer Interpretation von „Tom, Dick Or Harry“ den größten Erfolg des Abends hatte. Gegenüber den anderen teilweise sehr romantischen Songs des mittlerweile schon 40 Jahre alten Musicals bietet ihr Auftrittslied eher die Chance eines frischen und zeitgemäßen Vortrags. Die Musicalgruppe der Goetheschule wird „Kiss me Kate“ am Donnerstag, 2. Juni, im Rahmen der hessischen Amateurtheatertage in Hanau zeigen. Am Freitag, 1. Juli, gastiert das Ensemble, das mit den Musikern rund 50 Personen umfaßt in der Gießener Zigarrenfäbrik.

Gießener Anzeiger (31.05.1988)

Cast & Crew

Regie: Peter Merck
Musikalische Leitung: Peter Marshall

Handlung

„Kiss Me, Kate“ handelt von einer Theatergruppe, die eine musikalische Fassung von Shakespeares „Der Widerspenstigen Zähmung“ aufführt; es ist also ein „Stück im Stück“ zu sehen. Der Produzent, Fred Graham, hat sich selbst mit der männlichen Hauptrolle in Shakespeares Stück, „Petrucchio“, besetzt. Für die weibliche Hauptrolle, die widerspenstige „Katharina“, hat er seine Ex-Frau Lilli Vanessi engagiert. Lilli ist momentan mit dem Geldgeber des Stückes, Harrison Howell, verlobt und Fred hat eine Affäre mit der Nachtclub-Schönheit Lois Lane, der er die Rolle von Katharinas jüngerer Schwester „Bianca“ zugeschanzt hat. Ziemlich schnell wird jedoch klar, dass es zwischen Fred und Lilli nach wie vor knistert.
Unmittelbar vor Beginn der Aufführung sendet Fred einen Blumenstrauß an Lois, der jedoch irrtümlich bei Lilli landet. Diese freut sich zunächst unbändig; als sie jedoch während der Aufführung endlich dazu kommt, die dem Strauß beigefügte Karte zu lesen, wird ihr der Irrtum bewusst und ihre Freude wandelt sich in Zorn um. Während der berühmten Szene in Shakespeares Stück, bei der Katharina und Petrucchio das erste Mal aufeinander treffen, kommt es zum Eklat: Lilli extemporiert, beißt, tritt und ohrfeigt Fred, der sie schließlich im Gegenzug mitten auf der Bühne übers Knie legt. Nach dieser Demütigung weigert Lilli sich, weiter zu spielen, und bittet ihren Verlobten telefonisch, sie unverzüglich abzuholen. Da kommen Fred unerwartet zwei Gangster zu Hilfe: Bill Calhoun, der Darsteller des „Lucentio“ (und Lois‘ Freund) mit Hang zum Glücksspiel, hat nämlich einen Schuldschein mit Freds Namen unterzeichnet.
Fred gibt nun vor, den Schuldschein tatsächlich selbst unterschrieben zu haben, und behauptet, er könne seine Schulden nur dann bezahlen, wenn die Gangster Lilli davon abhalten würden, das Ensemble vorzeitig zu verlassen. Der Plan geht zunächst auf – Lilli muss weiterspielen. Vor der Schlussszene von „Der Widerspenstigen Zähmung“ erfahren die Gangster jedoch, dass ihr Auftraggeber liquidiert wurde, und lassen Lilli daher doch mit ihrem Verlobten das Theater verlassen. Zu Freds freudiger Überraschung erscheint Lilli jedoch zu guter Letzt doch wieder auf der Bühne – sie hat sich offensichtlich trotz allem für ihn entschieden. Ein Happyend gibt es also nicht nur für Katharina und Petrucchio, sondern auch für Lilli und Fred.